Winglet

Hier gibt es weitere Informationen zu der Thematik der einzelnen Bionik-Geocaches.

Beschreibung des Techno-Pull am Beispiel von Winglets

1. Technisches Problem

Der Auftrieb eines Flugzeugs entsteht durch Unterdruck auf der Flügeloberseite und Überdruck auf der Flügelunterseite. An den Flügelenden fließt Luft um die Flügelspitze herum zur Flügeloberseite. Es bildet sich ein Randwirbel an der Tragfläche. Dieser Wirbel wird permanent neu gebildet, weil die Luft ständig versucht den Druckunterschied von Ober zu Unterseite auszugleichen. Infolgedessen zieht ein Flugzeug während des Fluges eine ganze Wirbelschleppe hinter sich her. Der Strömungswiderstand ist dadurch wesentlich höher. Der zusätzliche Strömungswiderstand durch die Wirbel an den Flügelenden wird induzierter Widerstand genannt. Durch den induzierten Widerstand steigt der Treibstoffverbrauch von Flugzeugen erheblich. Außerdem können solche Verwirbelungen über der Landebahn gefährlich für darauffolgende Flugzeuge sein. Aus diesem Grund besteht immer eine Wartezeit zwischen zwei landenden Flugzeugen.

2. Suche in der Biologie

Charakteristisch für das Flugbild vieler Landvögel wie Geier, Storch und Milan ist die Aufspreizung der Flügelenden (siehe Abb). Bis so hoch entwickelte Tiere wie Vögel entstanden sind hat es millionen von Jahren an Evolution gedauert. Über eine lange Zeitspanne konnte der Vogelflügel mit Hilfe des Zufalls verbessert werden: unvorteilhafte Konstruktionen starben aus, nur vorteilhafte Merkmale haben überlebt. Ein Bioniker sollte sich deshalb die Frage stellen: Welchen Vorteil hat ein Flügel mit aufgespreizten Enden für den Vogel?

1-Blog-Milan

3. Prinzipienverständnis

Große Vögel wie z.B. der Steinadler spreizen im Flug ihre Handschwingen auf. Der Trick: Es entstehen mehrere kleine Wirbel. Der induzierte Strömungswiderstand ist kleiner, da er vom Quadrat des Wirbeldurchmessers abhängt (Beispiel mit einem Kreis dessen Fläche auf 2 kleinere Kreise verteilt wird; Unterschied Radien einzeln quadrieren und addieren). Außerdem löschen sich die kleinen Wirbel teilweise gegenseitig aus, so dass weniger Energie im Wirbelsystem ist und der Strömungswiderstand zusätzlich verringert wird. Der Luftwiderstand des Vogels nimmt ab, er spart Energie.

4. Abstraktion

Multiwinglet

Es wurden im Windkanal Experimente mit einem Tragflügel durchgeführt, bei dem sich die Flügelspitzen einer Tragfläche einzeln einstellen lassen. Ziel der Experimente war es die optimale Anordnung der Flügelspitzen zu finden. Zur Optimierung wurde die Evolutionsstrategie eingesetzt. Startpunkt war eine flache Anordnung (siehe Abb).

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Durch kleine Änderungen der Abstände und der Winkel der einzelnen Flügelenden zueinander wurden “Nachkommen ” erzeugt. Die “Nachkommen” mit dem geringsten Widerstand wurden wiederum als “Eltern” für die nächste Generation ausgewählt. Mit einem Rechner kann dieser Vorgang simuliert werden, also in kurzer Zeit oft Wiederholt werden. Über viele Generationen wurden durch zufällige Änderung der Abstände und der Winkel erhält man die beste Anordnung (Michael Stache, Technische Universität Berlin, Bionik und Evolutionstechnik).

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In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden: Mit zunehmender Anzahl der Winglets sinkt der Widerstand. Nun lassen sich die Flügelenden aber nicht in beliebig viele Winglets unterteilen Der Reibungswiderstand würde zunehmen und es käme irgendwann zu einer Verblockung im Bereich der Flügelenden: Die Luft strömt nicht mehr zwischen den Winglets hindurch, sodass der Druckwiderstand sehr hoch wird.

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5. Technische UmsetzungDer Split-Wing Loop führt aus diesem Dilemma. Er verbindet unter dem Weglassen der inneren Fächerstruktur die beiden äußeren Winglets. Im Gegensatz zu den Multiwinglets, die eine diskrete Aufspaltung der Randwirbel bewirken, wird durch eine schlaufenförmige Gestaltung der Flügelenden ein kontinuierliches Verschmieren der Randwirbel erreicht. Der Split-Wing Loop hat den gleichen Wirbelnachlauf wie ein Flügel mit unendlich vielen Winglets.

Bei Flugzeugen wird dieses Prinzip, obgleich mit stark vereinfachter Geometrie, in Form von Winglets realisiert. Als Winglets bezeichnet man die nach oben (bzw. oben und unten) ausgezogenen Tragflügelenden moderner Flugzeuge (www.bionik.tu-berlin.de). Winglets müssen für jeden Flugzeugtyp unter Berücksichtigung der Flügelfläche und der voraussichtlichen Fluggeschwindigkeiten angepasst werden. Bei hohen Geschwindigkeiten können Winglets durch die zusätzlich überströmte Fläche unter Umständen auch zu mehr Reibungs- und Druckwiderstand führen, als sie an induziertem Luftwiderstand einsparen. Wenn man ein Flugzeug mit Winglets nachrüsten will, entstehen Kosten für die Installation. Durch die hohen Ölpreise lohnt sich die Installation heutzutage jedoch schon nach kurzer Zeit. Durch den Einsatz von Winglets kann der Kraftstoffverbrauch um bis zu fünf Prozent gesenkt werden (“Blended Winglets Improve Performance”, AERO Magazin Nr.  3, 2009 von Boeing).

Fragenspeicher:

  1. Was versteht man nicht unter Bionik?

A: Das reine kopieren biologischer Strukturen


Wie entsteht Auftrieb?

Kurzfassung: Das potentialtheoretische Modell besagt, dass man die Geschwindigkeiten an einem Flügel als eine Überlagerung aus der Fluggeschwindigkeit mit einem Wirbel darstellen kann, der unter der Tragfläche gegen die Flugrichtung und über der Tragfläche mit der umströmenden Luft um den Flügel kreist (Zirkulationsströmung). Das führt dazu, dass über der Tragfläche die Geschwindigkeit höher ist als unter der Tragfläche. Jetzt kann man den Satz von Bernoulli anwenden und bekommt dabei heraus, dass aufgrund des Geschwindigkeitsprofils der Druck über dem Flügel geringer sein muss, als darunter.

Erstens ist es wichtig zu wissen, dass Luft in geringem Maße viskos ist. Viskosität ist ein Maß für die Zähflüssigkeit eines Fluids (Gas oder Flüssigkeit). Ein Fluid mit hoher Viskosität z.B. Nutella besitzt eine hohe innere Reibung: es ist sehr dickflüssig und die einzelnen Teilchen (Moleküle) kleben aneinander. Beim Verstreichen von Nutella auf dem Frühstückbrot muss eine Kraft aufgewendet werden, um die einzelnen Fluidschichten gegeneinander zu verschieben. Bei Nutella ist die innere Reibung so hoch, dass es nicht vom Brot fließt, wenn man es kippt, aber auch Luft besitzt eine geringe innere Reibung.

Zweitens ist wichtig: Direkt an der Oberfläche der Tragfläche eines Flugzeugs ist die Geschwindigkeit der Luft exakt Null (Haftbedingung). Der Grund dafür ist, dass die Oberfläche nicht völlig glatt ist. Unter dem Mikroskop betrachtet sieht die Oberfläche rau aus, bei entsprechender Vergrößerung sogar wie ein Gebirge mit Bergen und Tälern. Die einzelnen Moleküle der Luft prallen von der Oberfläche statistisch gesehen in alle Richtungen gleich oft ab. Dadurch ergibt sich im Mittel an der Wand eine Geschwindigkeit von Null. Durch die Reibung der einzelnen Fluidschichten aneinander nimmt die Strömungsgeschwindigkeit nach außen nur langsam zu. Dadurch entsteht an der Wand folgendes  Geschwindigkeitsprofil:

5-Blog-Grenzschicht

Der Bereich über einer Oberfläche mit Schichten unterschiedlicher Geschwindigkeiten wird als Grenzschicht bezeichnet (Bsp.: Kartenstapel: verschiebt man die oberste Karte des Stapels unter leichtem Druck von oben, verschieben sich die darunterliegenden Karten mit. Die oberen Karten werden weiter geschoben als die unteren. Die Karte am Boden bewegt sich nicht.). Die Grenzschicht ist auch bei Verkehrsflugzeugen nur wenige Zentimeter dick.

Strömung um eine Tragfläche

Umströmt ein ideales Fluid (inkompressibel, reibungsfrei) einen Körper, dann gleicht die Strömung (Potenzialströmung: besitzt keine Wirbelstärke) jede Asymmetrie des umströmten Körpers aus (siehe Abb). So liegt der hintere Staupunkt (Gebiet mit verschwindend kleiner Strömung) des Flügels auf der Flügeloberseite. Folglich muss das Fluid die Hinterkante des Flügels von unten nach oben umfließen. Die Symmetrie der Strömung sorgt für eine ausgeglichene Druckverteilung.

6-Blog-Tragfläche-Auftrieb

Bei einer langsamen Umströmung gleicht die Strömung von Luft der eines idealen Fluids. Allerdings ist Luft kein ideales Fluid. Sie ist viskos und besitzt somit innere Reibung. Die Luftschichten nahe der Oberfläche werden aufgrund der Haftbedingung an der zur Oberfläche gewandten Seite abgebremst, auf der anderen Seite strömt schnellere Luft vorbei. Dadurch beginnen die Moleküle in dieser Schicht zu rotieren (Bsp.: Tischtennisball rollt über die Platte und gleitet nicht). Somit besitzt die Grenzschicht eine Wirbelstärke.

Überkritische Strömung

Wird die Strömungsgeschwindigkeit stärker, kann die Luft nicht mehr um die scharfe hintere Kante der Tragfläche herum strömen. Auf dem Weg von der Vorderkante bis zur Heckkante wird die Luft nahe der Tragflächenunterseite durch Reibung abgebremst, die weiter entfernt strömende Luft wird die Drehung daher schneller durchführen und die innere Luft quasi überholen– es bildet sich ein Wirbel aus, der sogenannte Anfahrwirbel (siehe Abb).

7-Blog-überkritischeStrömung

Die Ablösung des Anfahrwirbel an der Heckkante erfordert (nach dem Helmholtzschen Wirbelsatz) die Entstehung eines zweiten Wirbels mit gegenläufigem Drehsinn. Dieser Wirbel legt sich um die Tragfläche (siehe Abb.) und bleibt während des gesamten Fluges dort.

8-Blog-Zirkulationsströmung

Die zusätzliche Bewegung um die Tragfläche wird Zirkulationsströmung genannt. Sie ist gleichläufig mit dem Luftstrom oberhalb der Tragfläche und gegenläufig zum Luftstrom unterhalb der Tragfläche. Daher wird der Luftstrom oberhalb zusätzlich beschleunigt und der Luftstrom unterhalb abgebremst. Die reale Strömung ergibt sich aus der Kombination von Potenzialströmung und Zirkulationsströmung (siehe Abb).

9-Blog- Auftrieb

Das Ergebnis ist eine höhere Geschwindigkeit der Luft über der Tragfläche und nach Bernoulli (Bernoulli: als Experiment über Papierstreifen pusten) auch ein niedriger Druck (geringere Geschwindigkeit und höherer Druck unterhalb). Das Flugzeug erfährt Auftrieb. Weil die Hinterkante nun nicht mehr umströmt werden kann, ist der hintere Staupunkt auf der Flügeloberseite nach hinten gewandert.

Entstehung der Randwirbel

Oberhalb des Flügels herrscht relativer Unterdruck und unterhalb des Flügels relativer Überdruck. An den Enden der Flügel stoßen die Gebiete mit den unterschiedlichen Druckverhältnissen zusammen, und es findet eine ausgleichende Strömung vom Gebiet höheren Druckes zum Gebiet niedrigeren Druckes statt, also von der Unterseite zur Oberseite. Es entstehen an den Flügelenden zwei gegenläufige Randwirbel (http://de.wikipedia.org/wiki/Induzierter_Luftwiderstand)

Info:  Satz von Kutta-Joukowski

beschreibt in der Strömungslehre die Proportionalität des dynamischen Auftriebs (FA) zur Zirkulation,

10-Blog-Formeln

mit der Dichte , der ungestörten Anströmgeschwindigkeit und der Zirkulation

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